Folge 17

Folge 17

Stadtgeschichte(n) Folge 17:

Strahbuz – Erinnerung eines Heimatdichters

„Weinachten drubn Berons in Musikwinkel war, wie ich nuch a Kind war, a aanzigs schiens Märng oder a seltener, schiener Traam.“ So beginnt Max Schmerler seine Niederschrift über die Erinnerung an die Weihnachtsnacht. Anders als in vielen Haushalten der Gegenwart gab es am Heiligen Abend weder ein großes Festessen noch Geschenke. Für die Kinder war es wohl die spannendste und deshalb aufregendste Zeit des Jahres. Das hatte ganz sicher auch etwas mit den erst am Morgen des 1. Weihnachtsfeiertages zu erwartenden Geschenken zu tun, doch waren auch die äußeren Umstände dieser Nacht ungewöhnlich: „Auf der Strahbuz“ nannte Max Schmerler seine Zeilen und berichtete darin auch über die damals um 1880 weit verbreitete Tradition, das „Heiligabend-Stroh“ in den Wohnräumen der Häuser zu verteilen. Das Stroh galt als symbolische Erinnerung an die biblische Überlieferung der Geburt des Jesus-Kindes in Bethlehem, wo das Neu geborene in eine mit Stroh ausgelegte Futterkrippe gelegt worden sein soll.

So verbrachte auch die Familie von Max Schmerler die Nacht vom 24. auf den 25. Dezember auf dem Strohbett. Dazu wurden die Stühle vom Küchentisch umgekehrt, so dass die nun schrägen Lehnen als Kopfunterlage dienen konnten.: „… jedz mit sein Kopp an seiner Stuhllaa – kaa Paradiesbett hätt su schie ohnd waach ond feierlich sei könne, als onnre Strahbuz in der aan Nacht – wenigstens zeerscht.“ Wirklich bequem war das wohl nicht, wie auch die Familie Schmerler schnell erfuhr. Wenn die winterliche Kälte der Nacht in die Stube kroch, das Stroh zusammengedrückt war wurde es eher ungemütlich. Ausgesprochen hatte das aber damals niemand, wie der Heimatdichter weiter berichtet, Tradition war eben Tradition. Die Eltern wollten längst schlafen, doch die Kinder waren viel zu aufgeregt. „Ruhig itze!“ forderte der Vater die Kinder deshalb auf und fügte drohend hinzu: “Guck, dort schaut der Ruprich rei!“. Irgendwann fielen den Kindern schließlich die Augen zu, obwohl sie sich fest vorgenommen hatten, diese eine Nacht wach zu bleiben, um die Bescherung am frühen Morgen nicht zu verpassen. Längst von den heimlichen Vorbereitungen der Eltern geweckt, aber still auf dem Strohlager verharrend, warteten alle auf den erlösenden Satz der Mutter: „Kinner, steht auf, 's Bornkinnel hot beschert!“ – „Hopp! Sei mer alle in der Höh'! Die Husen hatten mer vorsichtig gleich gestern ohmd ahbehalten...“

Damit begann auch bei den Schmerlers das große Geschenke auspacken: Gestrickte Mützen und Handschuhe, eine Harmonika und eine neue Rauchpfeife fanden sich unter dem Baum. Die Mutter mahnte schon damals mit „Guckt euch när aa`s Bäumel ah, wie dös schie glänzt!“ zu mehr Besinnlichkeit.

Im Buch „Ich waß an `schien`Winkel“ aus dem umfangreichen Literaturarchiv des Musik- und Wintersportmuseums erzählt der Heimatdichter Max Schmerler mehrere Erinnerungen zum Thema des Weihnachtsfestes. Manches wie etwa das Stroh auf dem häuslichen Fußboden zu streuen, ist heute nur noch selten gebräuchlich. Anderes aber wird sich wohl nie ändern: „On d nu wird gschmaust.“ Schmerler erzählt, dass das Stroh nach dem Besuch der Mettenschicht am
1. Weihnachtsfeiertag weggeräumt wurde, schwärmt von Gänsefleisch und geräucherter Sau, nur der Stollen mochte den Kindern nicht so recht schmecken, eine frischgebackene Semmel aus der familieneigenen Bäckerei war ihnen lieber gewesen. –„ ond noochert is eintlich Weihnachten vorbei.“, wie Schmerler in seinen Erinnerungen feststellte. (XB)

Adventszeit
Adventszeit: …so nannte Alfred Hoyer seine Bleistiftzeichnung, welche die besinnliche Stimmung in den Häusern wiederspiegelte. Dabei stimmt das Bild nachdenklich, vielleicht warten die Frauen auf die Heimkehr der Männer und gedenken jenen aus der Ferne. Wahrscheinlich ist es eine Momentaufnahme aus den 1940er Jahren.

Heimatstube

Strahbuz – das Heiligabendstroh gehört auch zur Weihnachtsausstellung im Musik- und Wintersportmuseum. Regelmäßig wird es in in Erinnerung an die Weihnachtskrippe auch inder Heimarbeiterstube des Museums gestreut.(Foto XB)

Zur  Silvesternacht widmete Max Schmerler seinen Mitmenschen folgendes zeitlos erschienendes Gedicht :

Zen neue Gahr

Was soll ich euch wünschen zen neue Gahr?

Döß`s neue besser wird, als wie`s alte war?

Gsondheit ond`s wenig täglich Brot?

Viel Geld, viel Gspaß ond gar kaa Not?

 

Dös wär ze wenig, dös raacht net zu,

dös brängt nuch lang euch net zur Ruh!

Dös mir ons treu bleibn on onnrer Art,

ond der Frieden uns blabbt bewahrt!

 

Aa, daß mr kaa große Dommheit machen

Ond gut verrichten onnre Sachsen –

Ond als Mensch sei a Stückl vorwärts komme,

wenn`s Gahr hot wieder Abschied gnomme.

 

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